Übergangsbestimmungen für die Konsultation von Behörden zu Medizinprodukten, die als integralen Bestandteil einen Stoff enthalten, der für sich allein genommen als Arzneimittel im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2001/83/EG gelten würde und dessen Wirkung dem des Produkts untergeordnet ist sowie für Medizinprodukte, die unter Verwendung von übertragbarer spongiformer Enzephalopathie (TSE) anfälligem tierischen Geweben hergestellt wurden.
Die Europäische Kommission stellt eine Reihe von Leitfäden zur Verfügung, um die Interessengruppen bei der Umsetzung der Vorschriften für Medizinprodukte zu unterstützen.
Rechtlich unverbindliche Leitfäden, die von der Koordinierungsgruppe für Medizinprodukte (MDCG) gemäß Artikel 105 der Verordnung 745/2017 verabschiedet wurden, verfolgen das Ziel, eine einheitliche Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Vorschriften innerhalb der EU sicherzustellen.
Am 10. Juni 2020 veröffentlichte die Medical Device Coordination Group (MDCG) ihre Leitlinien zu Übergangsbestimmungen für die Konsultation von Behörden zu Medizinprodukten, die als integralen Bestandteil einen Stoff enthalten, der für sich allein genommen als Arzneimittel im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2001/83/EG gelten würde und dessen Wirkung dem des Produkts untergeordnet ist sowie für Medizinprodukte, die unter Verwendung von übertragbarer spongiformer Enzephalopathie (TSE) anfälligem tierischen Geweben hergestellt wurden (MDCG 2020-12).
Was bedeutet das für Hersteller dieser Medizinprodukte?
Wenn Sie ein Medizinprodukt haben, das eine Substanz enthält, die als Arzneimittel angesehen werden kann und die eine unterstützende Wirkung zu der des Medizinproduktes hat, oder ein Medizinprodukt, das unter Verwendung von für übertragbare spongiforme Enzephalopathie (TSE) anfälligen tierischen Geweben hergestellt wurde, sollten Sie sich mit der Leitlinie und den darin genannten Fristen vertraut machen.
Verschiedene Szenarien
Ein Hersteller muss zwei verschiedene Szenarien berücksichtigen, um die CE-Zertifizierung für Medizinprodukte zu erhalten, die einen Stoff enthalten, der alleine als Arzneimittel im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2001/83/EG gelten würde.
1. Zum einen gilt es den Prozess, der für neue Medizinprodukte mit arzneilicher Komponente im Rahmen der MDR zu befolgen
In diesem Fall erstellt der Hersteller die technische Dokumentation und legt sie der benannten Stelle vor. Die benannte Stelle führt dann eine Bewertung der Nützlichkeit des Arzneistoffes durch, dem eine unterstützende Funktion des Medizinprodukts zukommt, unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks des Medizinproduktes.
Darüber hinaus muss die Benannte Stelle eine wissenschaftliche Bewertung bei einer für die Bewertung und Zulassung von Arzneimitteln zuständigen Behörde oder bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) einholen. Die Bewertung der Arzneibehörde konzentriert sich auf die Qualität und Sicherheit des Arzneistoffes im Medizinprodukt, einschließlich des klinischen Nutzen-Risiko-Profils. Dieser Prozess wird als „Konsultationsverfahren“ bezeichnet.
Zu den Schritten des Konsultationsprozesses gehören: (1) Konsultationsantrag der Benannten Stelle (NB) an die zuständige Arzneibehörde / EMA, (2) Abstimmung vor der Einreichung, in der Regel auch ein Treffen, an dem Vertreter der Benannten Stelle und des Herstellers teilnehmen, und (3) die endgültige Einreichung des Dossiers zur Bewertung. Die Arzneibehörde / EMA wird am Ende des Bewertungsprozesses innerhalb von 210 Tagen einen Bericht mit ihrer Gesamtbewertung zu Qualität und Sicherheit des arzneilich wirksamen Stoffes vorlegen. Im Gegensatz zum MDD darf die Benannte Stelle gem. MDR ein Zertifikat nicht ausstellen, wenn das die Bewertung durch die Arzneibehörde nicht positiv ausfällt.
Es ist interessant festzustellen, dass in Regel 14 (MDR) (ehemals Regel 13 MDD), die für Kombinationsprodukte gilt, der Wortlaut „auf den menschlichen Körper einwirken kann“ absichtlich aus der MDR gestrichen wurde. Dies bedeutet, dass ein Medizinprodukt, das nur einige Moleküle eines Arzneimittels enthält, unabhängig von der Konzentration dieses Stoffes immer unter Regel 14 fällt. Die Regel trifft damit erheblich mehr Medizinprodukte, als vormals gem. MDD.
2. Zum anderen gibt es ein Konsultationsverfahren nach MDR für Medizinprodukte mit bestehender Zertifizierung nach MDD
Damit die benannte Stelle das erste Zertifikat für ein bestimmtes Medizinprodukt gem. MDR ausstellen kann, muss eine vollständige Konformitätsbewertung durchgeführt werden, die alle Anforderungen abdeckt, auch wenn das Medizinprodukt gem. MDD bereits zertifiziert wurde (Q & A IV.1 MDCG 2019-6). Für Medizinprodukte, die Stoffe enthalten, für sich allein genommen als Arzneimittel gelten, umfasst dies die Konsultation der Arzneimittelbehörde gemäß Artikel 52 Absatz 9, MDR.
Bei einigen Medizinprodukten hat sich seit der letzten Konsultation der Arzneimittelbehörde im Rahmen des MDD / AIMDD keine Änderung des Medizinproduktes, des Arzneistoffes und seines Herstellungsprozesses ergeben.
Trotzdem kann es aufgrund der neuen Anforderungen der MDR, beispielsweise im klinischen Bewertungsteil, zu Änderungen in der Dokumentation des Produktes kommen, die sich auf die Qualität, Sicherheit oder Nützlichkeit des Arzneistoffs auswirken. Es kann auch Änderungen bei der Bewertung des Medizinproduktes und seiner Technischen Dokumentation durch die Benannte Stelle gemäß MDR geben. Schließlich kann die Arzneimittelbehörde neue Informationen über den Arzneistoff vorliegen haben, die zu einer geänderten Bewertung führt.
Für die erste Konsultation im Rahmen der MDR muss die Benannte Stelle der Arzneimittelbehörde die vollständige Dokumentation vorlegen, wie in den entsprechenden Leitlinien beschrieben. Es steht der Benannten Stelle frei, sich nach eigenem Ermessen an eine Arzneimittelbehörde zu wenden, nicht zwingend an die, im Rahmen der MDD / AIMDD vormals konsultierte.
Wenn an allen bzw. einigen der oben genannten Punkte keine Änderungen vorgenommen wurden, kann der Einreichung eine diesbezügliche Erklärung der Benannten Stelle beigefügt werden, in der die Elemente angegeben sind, die identisch geblieben sind. Wenn auch keine Änderungen an der Bewertung der Technischen Dokumentation durch die Benannte Stelle vorgenommen wurde, kann auch dies in die Erklärung aufgenommen werden. Sollten nur administrative Änderungen an den oben genannten Punkten vorgenommen worden sein (z. B. Änderungen von Namen oder Adressen, Änderungen des Dokumentlayouts usw.), sollten diese in der Erklärung klar angegeben werden.
Da die MDR mehrere Änderungen an der Kennzeichnung der Medizinprodukte fordert, bleibt abzuwarten, ob die Arzneimittelbehörden diese Änderungen als „administrative Änderungen“ betrachten oder nicht.
Die Arzneimittelbehörde kann angesichts des Umfangs der Änderungen seit der vorherigen Konsultation im Rahmen der MDD / AIMDD die Tiefe ihrer Überprüfung festlegen. Es liegt im Ermessen der Arzneimittelbehörde, ihre Stellungnahme in weniger als 210 Tagen ab Erhalt der kompletten Dokumentation abzugeben (bzw. innerhalb 60 Tagen für eine ergänzende Stellungnahme). Falls zahlreiche Elemente, die den Arzneistoff betreffen, identisch bleiben, wird der Arzneimittelbehörde (gemäß MDCG 2020-12) dringend empfohlen, ihre Überprüfung zu beschleunigen.
Die im Rahmen der MDR konsultierte Arzneimittelbehörde kann sich an die im Rahmen der MDD / AIMDD zu diesem Medizinprodukt konsultierte Behörde wenden, die dann nach eigenem Ermessen die in der vorherigen Konsultation abgegebene Stellungnahme bestätigen kann und / oder zusätzliche Informationen weitergeben kann. Die endgültige Stellungnahme für die Konsultation im Rahmen des MDR und deren Erteilung gemäß dem festgelegten Zeitplan liegt weiterhin in der Verantwortung der Arzneimittelbehörde, bei der die benannte Stelle den Antrag im Rahmen des MDR eingereicht hat.
Zusammenfassend kann geschlussfolgert werden, dass:
Die Elemente der technischen Dokumentation, die sich auf eine arzneiliche Komponente beziehen, erneut von einer zuständigen Behörde überprüft werden müssen. Zeitlich müssen Legalhersteller die Zeit berücksichtigen, die für die Überprüfung der Benannten Stelle erforderlich ist, und zusätzlich die 210-tägige Überprüfungszeit durch die Arzneimittelbehörde, bei der die benannte Stelle den Antrag gestellt hat.
Daher sollte mindestens ein zusätzlicher Zeitraum von 7 Monaten in Betracht gezogen werden, bevor ein MDR-Zertifikat für Medizinprodukte mit Arzneianteil der Klasse III erwartet werden kann, die zuvor nach MDD zertifiziert wurden.
Selbst wenn die benannte Stelle (in der Regel mit Zustimmung des Herstellers) beschließt, sich an dieselbe zuständige Behörde zu wenden, die ursprünglich zur Erlangung des MDD-Zertifikats konsultiert wurde, besteht das Risiko, dass diese Behörde ihre Meinung zur Qualität und Sicherheit der Arzneimittelsubstanz, basierend auf neuen Informationen über die Substanz, ändert.
Die Wahl einer anderen zuständigen Behörde birgt das Risiko, dass diese Behörde eine andere Auffassung zum verwendeten arzneilichen Stoff hat, als die ursprünglich konsultierte Behörde.
Darüber hinaus bietet die MDR den zuständigen Behörden (und Benannten Stellen) die Möglichkeit, kombinierte und substanzbasierte Medizinprodukte unter dem Aspekt des Standes der Technik und des Bisk / Benefit neu zu bewerten!
Eine enge Zusammenarbeit mit der Benannten Stelle sowie die Wahl einer Arzneimittelbehörde, die mit dem spezifischen Stoff vertraut ist, und über Experten für dessen Bewertung sind von ebenso großer Bedeutung für das möglichst rasche Erlangen eines MDR-Zertifikats, wie gute Planung des Einreichungsprojekts, unter besonderer Berücksichtigung des verlängerten Zeitplans für die Erlangung einer Zertifizierung.
Qserve verfügt über Experten für die Einreichung von Kombinationsprodukten und unterstützt Hersteller gerne bei der Überführung von Medizinprodukten von MDD auf MDR-Konformität.